Make-up ist für viele Frauen ein tägliches Ritual, das mal schnell, mal sorgfältig gemacht wird – je nachdem, was der Tag so bringt. Für uns Crossdresser ist es aber oft mehr als das: Es ist die eigentliche Verwandlung. Während Kleidung, Perücke und Accessoires das Bild vervollständigen, ist es das Make-up, das die größten Unterschiede macht. Denn wo ein Bartschatten durchschimmert, harte Konturen zu maskulin wirken oder Augenbrauen die falsche Form haben, ist die Illusion schnell dahin. Aber mit den richtigen Produkten, ein bisschen Geduld und Übung können wir unser Gesicht so verändern, dass wir uns nicht nur weiblicher fühlen, sondern auch so aussehen. In diesem Beitrag nehme ich dich mit durch meine persönliche Routine – Schritt für Schritt, mit allen Tricks und Kniffen, die ich über die Jahre gelernt habe.
Die Basis: Rasur & Vorbereitung
Alles beginnt mit einer glatten Haut. Eine gründliche Nassrasur ist für Crossdresser unverzichtbar, denn selbst kleinste Stoppeln lassen das Make-up später unruhig wirken und können wie dunkle Schatten durchschimmern. Ich nehme mir dafür bewusst Zeit, nutze einen guten Nassrasierer und rasiere in mehreren Zügen – zuerst mit, dann quer zur Wuchsrichtung. Gegen die Wuchsrichtung gehe ich nur ganz vorsichtig, um Hautirritationen zu vermeiden. Danach beruhige ich die Haut mit einem milden Aftershave-Balsam ohne Alkohol, um Rötungen vorzubeugen.
Im nächsten Schritt verwende ich einen Primer – bei mir ist es der Max Factor Miracle Prep. Der Primer sorgt dafür, dass die Haut geglättet wird, die Poren weniger sichtbar sind und die Foundation später länger hält. Gerade für längere Tage oder Abende en femme ist das Gold wert.
Wichtig: Weniger ist mehr! Eine erbsengroße Menge reicht völlig. Wer zu viel nimmt, riskiert, dass sich das Make-up absetzt oder „rutscht“.
Farbkorrektur & Camouflage – Kampf dem Bartschatten
Der Bartschatten ist wohl die größte Herausforderung für uns. Selbst bei gründlicher Rasur bleibt oft ein bläulicher Ton zurück, der sofort auffällt und die Illusion stört. Hier kommt Farbkorrektur ins Spiel: Mit einem orangen oder lachsfarbenen Corrector neutralisiere ich das Blau. Ich nutze dafür den NYX Professional Fix Stick in zwei Nuancen – einen helleren und einen dunkleren, je nach Tageslicht und gewünschtem Effekt. Wichtig ist, den Corrector nur hauchdünn aufzutragen und gut einzuklopfen, nicht zu verstreichen, damit er seine Wirkung direkt auf der Haut entfalten kann.
Darüber kommt Camouflage-Make-up. Viele schwören hier auf Produkte aus der Theater- oder TV-Schminke, weil sie besonders stark decken. Ich nutze Dermacol, eine extrem deckende Foundation, die ursprünglich für Film- und Bühneneinsätze entwickelt wurde. Sie ist stark pigmentiert und überdeckt selbst Tattoos – perfekt also für den Bartbereich. Wichtig ist auch hier wieder, sparsam zu arbeiten: Eine kleine Menge reicht völlig. Wer zu dick aufträgt, riskiert ein maskenhaftes Ergebnis. Lieber in dünnen Schichten aufbauen und jede Schicht mit einem feuchten Make-up-Schwämmchen einarbeiten.
Foundation & Concealer – das Gesicht bekommt Leben
Mit der Foundation schaffe ich den gleichmäßigen Teint, der später die Leinwand für Konturen, Blush und Lidschatten ist. Ich verwende die Maybelline Super Stay 24h Foundation, weil sie nicht nur zuverlässig deckt, sondern auch lange hält. Für ein feminineres Ergebnis verwende ich zwei Farben: eine, die meinem natürlichen Hautton entspricht, und eine etwas dunklere. So schaffe ich gleich eine Grundkontur, die das Gesicht weicher wirken lässt. Der Auftrag erfolgt mit einem Make-up-Pinsel oder einem feuchten Beauty-Schwamm, immer in tupfenden Bewegungen. Das verhindert Streifen und sorgt für ein gleichmäßiges Finish.
Der Concealer kommt gezielt dort zum Einsatz, wo ich Highlights setzen oder Schatten aufhellen möchte – also unter den Augen, auf dem Nasenrücken, am Kinn und in der Mitte der Stirn. Ich nutze den NYX Can’t Stop Won’t Stop Concealer. Wichtig ist hier, die richtige Farbe zu wählen: zwei Nuancen heller als die Foundation, damit die aufhellende Wirkung entsteht. Ein häufiger Fehler ist, den Concealer zu hell zu wählen – das lässt die Augenpartie schnell unnatürlich wirken. Deshalb achte ich darauf, dass der Unterton passt, und arbeite ihn sanft ein, bis er mit der Foundation verschmilzt.
Contouring & Highlights – Feminine Formen zaubern
Viele von uns haben kantigere Gesichter mit markanter Kieferpartie oder breiteren Stirnen. Contouring hilft, diese Züge optisch zu verfeinern. Mit dem NYX Wonderstick betone ich die Wangenknochen, verschmäler die Nase und schaffe mit dunkleren Tönen unter dem Kiefer eine schlankere Silhouette. Die helleren Töne setze ich dort, wo ich Volumen möchte: oberhalb der Wangenknochen, unter den Augen, am Kinn.
Der Trick liegt im Verblenden. Harte Kanten verraten sofort, dass es „aufgemalt“ ist. Deshalb arbeite ich mit einem speziellen Konturpinsel und kleinen, kreisenden Bewegungen. Die Übergänge werden dadurch weicher. Gerade im Tageslicht ist das entscheidend, denn nichts verrät schneller ein schlechtes Make-up als scharfe Linien.
Fixieren – damit der Look hält
Damit all die Mühe nicht nach einer Stunde verschwindet, fixiere ich mein Make-up gründlich mit transparentem Fixierpuder, das ich an den kritischen Stellen – Bartbereich, unter den Augen – auch „bake“. Das bedeutet, den Puder dicker aufzutragen, einige Minuten einwirken zu lassen und dann abzubürsten. Dadurch bleibt das Make-up an Ort und Stelle. Zum Abschluss sprühe ich ein Setting Spray über das gesamte Gesicht. Es legt sich wie ein unsichtbarer Film auf die Haut und verlängert die Haltbarkeit enorm. Selbst nach einem langen Abend bleibt so das Gefühl, frisch auszusehen.
Augenbrauen & Augen – der Blick entscheidet
Augenbrauen sind der Rahmen des Gesichts – und bei uns oft der verräterischste Teil. Männer haben meist gerade, kräftige Brauen, während ein feminines Gesicht von sanfter geschwungenen Linien lebt. Ich zupfe meine Brauen vorsichtig mit einer Pinzette in Form, achte aber darauf, es nicht zu übertreiben – zu dünne Brauen wirken schnell künstlich. Danach zeichne ich sie mit einem wasserfesten Stift nach. Wasserfest ist wichtig, weil Schweiß oder Feuchtigkeit das Make-up sonst ruinieren können.
Auf die Lider kommt zunächst ein Primer (Catrice Grip to Last). Er sorgt dafür, dass der Lidschatten nicht in die Lidfalte rutscht – gerade bei Schlupflidern, die viele von uns haben. Danach wähle ich Farben, die zum Anlass passen: Für den Alltag greife ich zur Maybelline City Mini Palette, die natürliche Töne bietet. Für den Abend darf es auch mal ein Smokey Eye sein. Wichtig ist, die Farben gut zu verblenden – harte Übergänge wirken unnatürlich und können die Illusion stören.
Wimpernzange, Mascara und Eyeliner runden den Blick ab. Mit der Maybelline Colossal Waterproof Mascara erreiche ich Schwung und Volumen. Der Eyeliner – ob als Stift oder Flüssigliner – öffnet das Auge zusätzlich. Ein kleiner Wing am äußeren Lidwinkel wirkt oft wie ein kleines Wunder: Das Auge erscheint größer und femininer.
Lippen, Bronzer & Rouge – Weiblichkeit pur
Die Lippen sind ein zentrales Element. Männer haben oft schmalere Lippen – hier hilft ein Lipliner, die Form leicht zu korrigieren und voller wirken zu lassen. Wichtig ist, die Linie nicht zu übertreiben, sonst sieht es sofort künstlich aus. Mit einem gut gewählten Lippenstift – je nach Outfit mal dezent, mal kräftig – bekommt das Gesicht Ausdruck. Ein Hauch Lipgloss kann Volumen zaubern, ist aber optional.
Rouge setze ich gezielt auf den Wangenknochen. Es sorgt für Frische und nimmt die Härte aus dem Gesicht. Ich verwende das alverde Rouge, das sich gut verblenden lässt und eine natürliche Farbe hat. Hier gilt: lieber sparsam auftragen und bei Bedarf nachlegen. Zu viel Rouge wirkt schnell maskenhaft.
Zum Schluss nutze ich dann auch noch etwas Bronzer oder Contouring-Puder (essence Duo Palette). Dadurch werden die Übergänge noch weicher und das Ganze wirkt natürlicher.
Haltbarkeit – für lange Tage en femme
Zum Abschluss sprühe ich ein Setting Spray über das gesamte Gesicht. Es legt sich wie ein unsichtbarer Film auf die Haut und verlängert die Haltbarkeit enorm. Selbst nach einem langen Abend bleibt so das Gefühl, frisch auszusehen.
Werkzeuge – ohne Pinsel geht nichts
Die besten Produkte nützen wenig, wenn sie falsch aufgetragen werden. Deshalb lohnt es sich, ein gutes Pinselset zu kaufen. Es muss nicht teuer sein – viele günstige Sets sind völlig ausreichend. und nicht vergessen, die Pinsel auch mal zu reinigen, um ein sauberes Ergebnis zu behalten.
Werkzeug | Anwendung & Tipps |
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Foundation- Pinsel | Ideal fĂĽr flĂĽssige und cremige Foundation. Mit kreisenden oder klopfenden Bewegungen auftragen, um Streifen zu vermeiden. FĂĽr ein leichtes Finish sanft ĂĽber die Haut streichen, fĂĽr hohe Deckkraft einklopfen. |
Puderpinsel | Ein groĂźer, fluffiger Pinsel zum Auftragen von losem oder kompaktem Puder. Fixiert dein Make-up und sorgt fĂĽr ein mattes Finish. Tipp: FĂĽr einen natĂĽrlichen Look das Puder in Wuchsrichtung der Gesichtsbehaarung auftragen. |
Rouge-/Blush- Pinsel | Oft leicht abgeschrägt, um Rouge präzise auf die Wangenknochen aufzutragen. Mit kleinen Drehungen oder leichtem Klopfen die Farbe auftragen und verblenden. |
Konturpinsel | Kleiner und fester, oft ebenfalls abgeschrägt. Perfekt, um Schatten unter den Wangenknochen, am Kiefer oder an den Schläfen zu setzen und das Gesicht zu modellieren. |
Fächerpinsel | Ideal, um überschüssiges Puder oder Lidschatten wegzufegen. Auch perfekt für einen dezenten Highlighter-Auftrag auf den Wangenknochen und dem Nasenrücken. |
Lidschatten- Pinsel | Flach und kompakt, um Lidschatten auf dem Augenlid aufzutragen. Die Farbe mit klopfenden Bewegungen aufbauen, um die Intensität zu erhöhen. |
Blending- Pinsel | Flauschiger und weicher als der Lidschatten-Pinsel. Perfekt zum Verblenden von Übergängen und harten Kanten, um einen weichen, nahtlosen Look zu schaffen. Tipp: Mit kreisenden Bewegungen in der Lidfalte verblenden. |
Eyeliner- Pinsel | Sehr fein, dünn und oft abgeschrägt. Eignet sich für präzise Linien mit Gel-, Flüssig- oder Puder-Eyeliner. Ein abgewinkelter Pinsel hilft, die Hand auf der Wange abzulegen für gerade Striche. |
Augenbrauen-Pinsel | Meist doppelseitig: Eine abgeschrägte, feste Seite zum Auftragen von Puder oder Pomade und eine Bürstenseite (Spoolie) zum Verblenden und Formen der Härchen. |
Concealer- Pinsel | Dicht gebunden und oft spitz zulaufend. Perfekt zum Abdecken von Unreinheiten oder Augenringen. FĂĽr Augenringe die Farbe einklopfen, um eine gute Deckkraft zu erzielen. |
Lippenpinsel | Klein und flach mit einer spitzen Spitze. Ideal für den präzisen Auftrag von Lippenstift, besonders bei kräftigen oder dunklen Farben, um die Lippenkontur zu definieren. |
Fazit: Make-up als SchlĂĽssel zur Weiblichkeit

Am Ende ist es nicht nur eine Abfolge von Schritten, sondern eine Reise. Jeder Handgriff bringt mich ein Stück näher zu Tamara – der Frau, die ich in mir trage. Wenn ich fertig geschminkt in den Spiegel sehe, erkenne ich nicht mehr den Mann mit Bartschatten und harten Konturen, sondern eine Frau mit weichem Blick, voller Ausstrahlung und Selbstbewusstsein.
Natürlich klappt auch bei mir nicht jedes Make-up auf Anhieb perfekt. Mal trage ich zu wenig auf, mal zu viel, manchmal sitzen die Konturen nicht so wie gewünscht oder die Augenbrauen geraten ein bisschen zu dick oder schief. Aber genau wie in allen anderen Bereichen gilt auch hier: Übung macht die Meisterin. Jeder Versuch bringt dich weiter – und jeder kleine Fortschritt ist ein Schritt zu mehr Selbstsicherheit und Freude an der eigenen Weiblichkeit.
Für uns Crossdresser ist Make-up weit mehr als Kosmetik. Es ist Freiheit, Ausdruck und ein Schlüssel zu unserer weiblichen Identität. Und das Beste daran: Es ist erlernbar. Niemand ist perfekt beim ersten Versuch, aber jeder Versuch macht dich besser. Also probiere aus, übe, spiele mit Farben und finde deine eigene Routine.
Der Moment, in dem du dich im Spiegel siehst und denkst „Ja, das bin ich“ – der ist unbezahlbar. 💄✨
Mit Liebe,
Tamara đź’•
Falls du dich fragst, welche typischen Stolperfallen es beim Schminken gibt:
In meinem Artikel Häufige Make-up-Fehler – und wie du sie vermeidest findest du viele Beispiele aus der Praxis – und Tipps, wie du kleine Pannen sicher in den Griff bekommst.
Wenn du Outfit-Ideen suchst oder dich für feminines Styling als Crossdresser interessierst, schau gern auf meinem Instagram-Profil @tamaralisell vorbei. Lass dich inspirieren, mach mit – und zeig dich! 💕